Kommt Zeit, kommt Tat
Die Zeit lässt sich nicht aufhalten, ist sie einmal vergangen, dann ist sie auf ewig weg. Die Idee der „Zeitbank“ hält dagegen – dabei sind die angesparten Minuten weniger Invest als vielmehr Beziehungspflege.
CLIENT
fluter
ROLE
Editorial
DATE
Q3 2019

Hilfst Du mir, helfe ich Dir
Zeit kann eine ganze Menge. Zwischen den Fingern zerrinnen oder alle Wunden heilen. Sie kann rasen oder sich ziehen wie Kaugummi. Sie kann in Liedern verewigt werden, in „As Time Goes By“ oder „The Times They Are A-Changin’“. Hast Du etwas Zeit für mich? Sie scheint immer zu wenig und wenn sie zu viel ist, dann wird sie gefüllt, bis kaum noch etwas von ihr übrig bleibt.
Zeit sparen, sie aufbewahren, sie „gewinnbringend“ ansammeln, dann, wenn man sie gerade nicht braucht, für später, wenn man sie denn nötiger hat. Das wär’ was, ist aber nicht ganz einfach: Jede verstrichene Minute, jede getickte Sekunde ist fort, für immer und unwiderruflich vergangen. Oder kann man das auch anders denken?
Die Idee ist einigermaßen einfach und alles andere als neu. Das japanische „Fureai Kippu“, was übersetzt sperrig „Bezugsschein für Pflege und Zuwendung“ heißt, funktioniert genau nach diesem Prinzip: Wer anderen zur Seite springt, sie pflegt oder betreut, der bekommt den Zeitumfang seiner geleisteten Hilfe gutgeschrieben und kann sein Guthaben später wieder in eine Betreuungsleistung zurücktauschen.
Das 1990 eingeführte System wird dem ehemaligen Minister und Staatsanwalt Tsutomu Hotta zugeschrieben, der Grundstein dafür wurde aber bereits 1973 von Teruko Mizushima und der von ihr gegründeten Volunteer Labour Bank in Osaka gelegt.
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So logisch das Pflegewährungsprinzip einer „caring currency“ zunächst erscheinen mag, Fureai Kippu als umfassende Antwort auf kulturelle wie demographische Herausforderungen zu verstehen, greift zu kurz. Denn eines kann eine Zeitbank nur bedingt: Vertrauen schaffen.

